Kay-Viktor Stegemann wrote:
In der Übersetzerbranche scheint es mir nichts "Übliches" zu geben, die Branche ist ziemlich zersplittert
Richtig. Und mit Internet und Globalisierung hat sich das extrem verstärkt und jeder macht, was er will. Das ist eben der Preis der Freiheit.
die genannte Vertragsstrafe ist grundsätzlich überzogen
Überzogen auf jeden Fall, weil sie sie die Auftragssumme überschreitet. In der Industrie sind einige Prozent der Auftragssumme üblich: Kein böswilliger Käufer soll auf die Idee kommen, mit der Strafe das Produkt bezahlen zu können.
durch den Nachsatz ja noch nicht einmal nach oben begrenzt
Wenn man den Satz genau liest, ist es anders. Das "sofern nicht" sagt ja, dass das davor Stehende dann nicht mehr gilt, dann also gar keine Strafe mehr in Betracht kommt. Natürlich ist das nicht so gemeint, aber wenn ein Sprachdienstleister das nicht besser formulieren kann, ist das ein schwaches Zeugnis für ihn. Korrekt müsste es (wenn es denn zulässig wäre) heißen: "in Höhe des entstandenen Schadens, mindestens aber 2500". Eine Vertragsstrafe "verhängen" ist natürlich auch falsches Deutsch, eine Partei kann nichts verhängen. Man erkennt daran, dass das kein professioneller Jurist geschrieben hat.
Es muss klar sein, dass die Agentur selbst das eigentliche Haftungsrisiko trägt, denn sie ist der Vertragspartner des Endkunden, muss die Qualität selbst prüfen und kann das Haftungsrisiko nicht einfach durchreichen.
Der Übersetzer hat einen Vertrag mit der Agentur und nur den muss er erfüllen. Es ist nicht relevant, was sein Vertragspartner mit der eingekauften Leistung tun will: Er kann sich mit den Übersetzungen auch die Garage tapezieren wollen und trotzdem qualitativ gute Arbeit fordern. Es existiert also keine zivilrechtliche Haftung, die man durchreichen könnte: Jeder der Partner haftet für sein eigenen vertraglichen Pflichten, Drittparteien gehen ihn überhaupt nichts an. Nebenbei: Nicht wenige Umtüter-Agenturen schieben sich regelmäßig gegenseitig Aufträge zu, da wird es dann ohnehin problematisch.
Strafrechtliche Haftung dagegen trifft immer den Täter persönlich und kann nicht weitergegeben werden - auch das kann durchaus infrage kommen, ist hier aber nicht gemeint.
Aber warum gibt es solche Klauseln? Da steckt entweder überzogenes Sicherheitsdenken dahinter (also Mangel an unternehrisch-realistischem Denken) oder aber böse Erfahrung. Aus anderen Branchen kenne ich da Dinge, die glaubt man kaum. Bei Studenten und Berufsanfängern muss man wirklich mit allem rechnen. Wenn es auch Ausnahmen sind, so muss man trotzdem dafür Sorge tragen - und das versucht mancher mit einem kräftigen Schuss vor den Bug noch vor dem Beladen des Schiffs.